
Zu einem Vortrag hatte die Einhard-Gesellschaft Seligenstadt e.V. Herrn Prof. Dr. Michael Brandt nach Seligenstadt eingeladen. Der frühere Direktor des Dom-Museums in Hildesheim trug im Winterrefektorium der ehemaligen Seligenstädter Abtei seine Überlegungen zum sogenannten Einhardsbogen vor.
Der vermutlich silberne Altaraufsatz in der Form eines römischen Triumphbogens, hatte Einhard dem Kloster St. Servatius in Maastricht gestiftet, als er diesem als Laien-Abt vorstand. Der Bogen selbst ging während der Französischen Revolution unter.
Erst die Entdeckung einer detailreichen Darstellung aus dem 17. Jahrhundert in der Pariser Nationalbibliothek, Ende der 1940er Jahre, entfachte eine wissenschaftliche Diskussion über Bildsprache und Verwendungszweck des karolingischen Bogens. Eine Inschrift darauf belegt die Stiftung des Kreuzständers durch Einhard und ist das einzige Werk, das persönlich mit ihm in Verbindung gebracht werden kann.
Prof. Dr. Brandt schilderte eindrucksvoll den außerordentlichen geschichtlichen Rang des Bogens. Das auf dem Bogen befestigte Kreuz, das „Triumphzeichen des ewigen Sieges“, ist wohl schon 1633 nicht mehr vorhanden. Anschaulich und detailliert skizzierte Prof. Brandt den thematischen Aufbau, die dargestellten Personen und die biblischen Szenen sowie deren Einordnung in das politische Weltbild Einhards zur seiner Zeit am kaiserlichen Hof in Aachen. Vergleichende Beispiele für karolingische Altarkreuze verdeutlichten die liturgische Funktion des Einhardsbogens. Der Kreuzständer sei ein wertvolles Artefakt und ein Zeugnis einer historischen Einheit von Kunst und liturgischer Funktion.
Zum Schluss seines Vortrages verwies Prof. Brandt auf einen Aufsatz über eine im Schweizer Kloster Einsiedeln als Codex Einsidlensis 326 verwahrte karolingische Handschrift. Sie beschreibt einen Pilgerweg mit sämtlichen damals sehenswerten Orten und Gebäuden durch Rom. Der ausgewiesene Kenner karolingischer Handschriften, Prof. Michael I. Allen aus Chicago, macht darin den Versuch, die bisher anonyme Autorschaft zu enträtseln. Kurz: Wer, wenn nicht Einhard, hatte die Kenntnis, die Ausbildung, die Möglichkeit und die Nähe zur Bildungselite, um diesen Pilgerführer zu schreiben. Vielleicht liegt damit eine Handschrift vor, die Einhard zugeschrieben werden kann.
Thomas Laube (Oktober 2022)
